Schweizer Festungen - Fortifications in Switzerland

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 Strassen-Rollsperren - Prinzip der "schiefen Ebene" / street barricades

Die antiken und mittelalterlichen Stadtbefestigungen mit Mauern und Stadttoren sind an vielen Orten auch heute noch zu besichtigen.
Bei den Befestigungsbauten vor dem 2. Weltkrieg – mit ihren oft kilometerlangen Panzerhindernissen aus Eisenbahnschienen oder Betonhöckern – wurden die Durchgangsstrassen mit Strassensperren blockiert. Dies waren zum Beispiel solide Barrieren, mobile Cointet-Hindernisse oder vorbereitete Stecksperren für Eisenbahnschienen.

Zudem gab es Spezialkonstruktionen wie Falltore; in der Schweiz z.B. im Grenztunnel von Gandria (ein 30 Tonnen schweres Falltor aus Beton), beschrieben in „Militärische Denkmäler, Tessin“, Seiten 14/15) oder in der Grenz-Holzbrücke über den Rhein von Diessenhofen (ein eisernes Fallgitter), sowie eine Zugschienen-Barrikade im Klostertor von St. Katharinental, beschrieben in „Militärische Denkmäler, SH-Thurgau“, Seiten 24/25.

Strassen-Rollsperren wurden um 1939 nur zwei gebaut, je eine in Frankreich und in der Schweiz. Sie werden nachstehend vorgestellt – ebenso die spätere (dritte) Anwendung an der DDR-Grenze. Alle Rollsperren basierten auf dem Prinzip der „schiefen Ebene“.
 

1. Die Rollsperre in der Maginot-Linie bei BARST (Moselle)

BARST lag in der Zone des Secteur Défensif de la Sarre (Verteidigungs-Sektor Saar), der jedoch nur über ein einziges Maginot-Festungswerk „Haut-Poirier“ (11km NE Sarralbe, mit 4 Blocks) verfügte.

Der Bereich von rund 35 km zwischen TETING an der NIED und WITTRING an der SAAR sollte durch ein von 1931-34 erbautes System von Überschwemmungsgebieten abgedeckt werden. Diese „Ligne Maginot Aquatique“ bestand aus 5 Dämmen mit Stauwehren in Wasserläufen und 6 Seen als Wasserspeicher. So konnten 1939 sofort grosse Wasserflächen / Überschwemmungsgebiete geschaffen werden, welche zudem mit einer durchgehenden Schienensperre, sowie rund 40 Infanteriebunkern und 4 Artilleriekasematten (MC11 Nonenwald; MC15+16 Biding-N+S; MC22, Barst-S; mit 7,5cm Kanonen) befestigt waren.

              F30-1998;
Damm & Stauwehr des Mutter-/Moderbachs in Hinsing/Holving, mit 1 von 4 Infanteriebunkern

 

frz. Abwehrlinie zwischen Vahl und Sarralbe       (ANKLICKEN ZUM VERGRÖSSERN)

Karte wie in Buch: „La Ligne Maginot Aquatique“ von Paul Marque (aus ?)

Die Karte zeigt den Mittelteil der „Ligne Maginot Aquatique“ mit den ausgedehnten Überschwemmungszonen und dem Schienen-Panzerhindernis. (Im Westen folgten noch 6km zwischen Vahl und Teting sur Nied; im Osten noch rund 12km Sarrealbe - Herbitzheim - Wittring / "Haut Poirier".) 

Der Raum zwischen Cappel-Barst und Biding konnte wegen der Topografie nicht überschwemmt werden; man erstellte vor der Frontlinie zwei zusätzliche Hinderniszonen mit Schienensperren.

In BARST führte eine Feldstrasse nach Süden, die nicht in der Überschwemmungszone lag.
Man entschloss sich daher, diesen Durchlass im damaligen Schienenhindernis mit einer Schnellsperre blockierbar zu machen. Zu diesem Zweck wurde – einmalig in der Maginotlinie – eine Strassen-Rollsperre gebaut, welche den Zweiten Weltkrieg als Unikat überlebt hat.

BARST, Rollsperre & Gegenblock, Zustand 1998   (F30-98, 01+02)

1998 erfolgte eine Teil-Rekonstruktion der umgebenden Schienensperre.
Heute ist die Anlage Teil eines touristischen Bunkerpfades, welcher auch zu den umliegenden, teilweise restaurierten Bunkern und einem rekonstruierten Panzergraben führt.

Weitere Informationen:

http://www.barst.info/tourisme.html#sommaire  (mit aktuellen Fotos & Detailkarte von Barst)
http://www.tourismus-moselland.com (dort: „découverte-de-la-moselle“, „Gedächtnispfad“

http://www.alsacemaginot.com/  (neue Site von Hervé Weyant, dort „Découverte“ und dann auf Karte „12. SF de la Sarre“ anklicken. Sehr empfehlenswert. Dort finden sich weitere Informationen, ein Verzeichnis der Bunker & Stau-Anlagen, Fotos und Karten !)

 

2. Die Strassen-Rollsperren an der "Hülftenschanz" bei Pratteln (BL)

 

Die Hülftenschanz liegt am Eingang des Ergolztals, nur rund 2km von der Landesgrenze und dem beide Ufer verbindenden Rhein-Kraftwerk Augst - Wyhlen entfernt.

Seit jeher führen von Basel zwei Hauptachsen ins schweizerische Mittelland: (1) die Rheinuferstrasse von Basel nach Stein-Säckingen und weiter über Frick nach Aarau oder Brugg, sowie (2) von Basel über Pratteln nach Liestal und weiter über den Unteren Hauensteinpass nach Olten oder den Oberen Hauensteinpass nach Oensingen.
Damals wie heute sind diese beiden Hauptstrassen durch eine Querstrasse von Augst zur Hülftenschanz verbunden.

Sperre Hülftenschanz, Befestigungskarte der          Skizze der Rollsperren „Hülftenschanz“, wobei links
Grenzbrigade 4 vom 13.4.1942                               der Sperrblock im Schliessvorgang ist, rechts offen.
Pfeil = Rollsperre Strasse nach Pratteln (links) &   Aus: „Militärische Denkmäler SO-BS-BL“, S. 34/35.
nach Augst (rechts); Panzerhindernisse & Bunker
.
(von Markus Meier mit A-Nummern ergänzt)

R276 027a; Panzersperre nahe Ergolz-Ufer             Front- & Seitenansicht der Beton-Rollsperre

Die Befestigung der Ergolz-Sperre erfolgte zwischen Sommer 1937 und Frühling 1939. Neben der durchgehenden Panzersperre (Kartenausschnitt oben) wurden vorerst 3 BBB-Infanteriewerke gebaut, mit A 2762 in der Mitte und je einem Werk an den seitlichen Tal-Abhängen. Nach der Mobilmachung im Sept. 1939 wurden hier durch Truppen der Grenzbrigade 4 (Gz Rgt 48)  weitere Bunker (z.B. A 2760, Foto unten) und Unterstände gebaut.

R260 003a; A 2760 vor Abriss (2010)         R261 013a; Infanteriewerk A 2762 als Scheune getarnt

Das Infanteriewerk A 2762 und der Bunker A 2760 wirkten frontal auf die (Roll-) Sperren.

Diese blieben als Unikate die einzigen Rollsperren in der Schweiz.

In der Nachkriegszeit wurden die Strassen verbreitert, was zum Abbau der Blöcke der Rollsperren und Änderungen der Strassensperre führte.
Mit den derzeitigen, mehrjährigen Bauarbeiten für das Strassenprojekt "H2" verschwand der Bunker A 2760 bei der „Hülftenschanz“ (Foto oben) – und das Gelände wird stark verändert.
Das Infanteriewerk A 2762, das "Hülftenbächli" (blaue Linie) zur Ergolz und die restliche “Toblerone“- Höckersperre (gelbe Linien) bleiben als Fixpunkte jedoch erhalten. Die ehemaligen Standorte der beiden Rollsperren zeigen die beiden „X“ an.


R 276 015c, Übersicht der Hülftenschanz-Sperre/Baustelle "H2" (Blick übers Tal von Ost nach West, 2011)

- Weitere Detailaufnahmen des Werks A 2762 finden Sie unter „Tarnungen“ auf dieser Site, dort unter  „Tarnungsmaler Willy Eggenberger“.

- Die Hülftenschanz ist regionalhistorisch von Bedeutung: im Gebiet fand am 3. August 1833 das entscheidende Gefecht zwischen Basel-Landschäftlern und Stadt-Baslern statt, welches die Trennung in 2 Halbkantone fixierte. Eine ausführliche Darstellung dieser Ereignisse finden Sie unter:
http://altbasel.ch/dossier/huelftenschanz_intro.html

- A 2762 ist auf der Landeskarte heute als „Hülften“ bezeichnet; dies ist jedoch der richtige Standort der ehemaligen „Hülftenschanz“. Beim als solche bezeichneten Standort der LK mit dem Denkmal (bei Pt. 318) handelt es sich effektiv um die Schanze „Griengrube“. 
- Beim dortigen Denkmal sind auch 3 Infanteriebunker (Truppenbau, 1939/45) zu finden.

 

3. Die Strassen-Rollsperren an den DDR-Grenzübergangsstellen

Die Innerdeutsche Grenze zwischen BRD und DDR hatte eine Länge von 1378 km. Dazu kamen noch 155 km in und um Berlin. Zwischen 1949 und 1989 wurden die Sperranlagen dieser Grenzen immer weiter perfektioniert.

 

Bilder aus: „Grenze mitten in Deutschland“ – Grenzlandmuseum Eichsfeld (S. 30+137)

Heute, rund 20 Jahre nach der Wiedervereinigung der beiden Staaten, ist von den Sperranlagen nicht mehr viel zu sehen. Als „grüner Gürtel durch Deutschland“ verläuft nun die ehemalige Grenze, schon vielerorts erschlossen durch den Grenzwanderweg „Grünes Band“ (viele Internet-Sites). Tüchtige Wanderer haben die ganze Strecke von 1378km abgelaufen, so A. Thomas und G. Böhn (Foto unten).
An manchen Orten sind jedoch Museumsanlagen komplett erhalten – und auch auf zahlreichen Internet-Seiten und in Büchern ist das Thema „DDR-Grenzanlagen“ ausführlich dokumentiert.

Die Strassen-Rollsperre war offiziell die erste Sperre an der Grenze im „antifaschistischen Schutzwall“, in der Praxis jedoch die letzte Sperre der Grenzanlagen gegen Westen. Sie sollte aus der DDR flüchtende Bürger stoppen, welche mit Auto/LKW die davor liegenden Sperren irgendwie durchgebrochen hätten.

Für Einreisende in die DDR verstärkte diese massive Rollsperre den Eindruck, dass ab jetzt „andere Regeln“ galten – und bewirkte meist ein etwas mulmiges Gefühl.
Das nachfolgende Bild zeigt die Rollsperre (aus dem Bus fotografiert) bei einer EINREISE.

Betonsperre & Beobachtungsposten in Zarrentin             Betonsperre & Beobachtungsposten in Horst
(nach der – hier geöffneten – Einfahrts-Schranke)                                   bei Lübeck, 1990
© Marcus Grahnert  =  http://www.grahnert.de/grenzstempel/grenze.htm 

 

Die Schnellsperre bei GÜST-Übergängen hatte meist eine Länge von 11 Metern (doppelte Fahrbahnbreite) und ein Gewicht von rund 6 Tonnen. (Bei den Transit-Autobahnen gab es 2 gegenüberliegende Schnellsperren, welche die ganze Breite von 4 Spuren blockierten.)
Die Sperre konnte sowohl aus der Kabine des Beobachtungspostens an der Schnellsperre - als auch aus der Kanzel des zentralen Führungsturmes - betätigt werden.
Auf Grund ihres Gewichts „sprintete“ die Rollsperre auf Schienen dann aus der schiefen Ebene des „Garagenbunkers“ quer über die Fahrbahn und blockierte sie. Stossdämpfer milderten den Aufprall im gegenüber stehenden, massiven Widerlager. Der Schliessvorgang dauerte nur 3-4 Sekunden und die Funktion wurde täglich nachts überprüft. Mit einer Motor-Seilwinde konnte der Sperrblock (auch „Jumbo“ oder „Fiffi“ genannt) wieder in seinen „Garagenbunker“ zurückgezogen werden, wo er am Auslöser-Haken eingehängt wurde.


Die beiden Rollsperren in Stolpe am Übergang nach Westberlin (Transitautobahn Hamburg – Berlin), mit eingezeichneter gelber Linie zur Darstellung der „schiefen Ebene“.
Bild von © Marcus Grahnert  =  http://www.grahnert.de/grenzstempel/grenze.htm 

 

Rollkörper am Kolonnenweg (2005)                    Rollsperre (1990): GÜST (Grenzübergangsstelle)
Foto: © boehn.de 1378 km  -                               Salzwedel-Bergen. Beitrag „virago“ 2005/07 in:
                                                                      

 
http://www.forum-ddr-grenze.de/t2374f76-Fluchtversuch-mit-nem-Minol-Laster-3.html
Beschrieb des Fluchtversuchs, der an der Rollsperre scheiterte. (Foto = Beitrag „254“)
Für das Thema „Strassen-Rollsperren“ zeigt dieses Foto von Günter Mach optimal die Anordnung von 2 gegenüberliegenden Rollsperren – mit einem gemeinsamen Widerlager in der Mitte der 2x2 Autobahn-Fahrspuren von GÜST Marienborn.

  

Rollkörper der

Rollsperre, Museum Eichsfeld,        Strassenkarte DDR, K+F 1979
 Juni 2004 (R42-108)                                             mehr bei:

 

Für die Bilder der DDR-Rollsperren gelang es mir nicht, alle Autoren zu kontaktieren – ich bitte um Verständnis und Entschuldigung.

 

Literatur zum Thema „Strassen-Rollsperren“:

Grenzlandmuseum
Eichsfeld

Grenze – mitten in Deutschland;
Cordier-Verlag, Heiligenstadt; 2002; 168 Seiten; ISBN 3-929413-71-x

Keller / Lovisa /
Bitterli

Die militärischen Denkmäler in den Kantonen Solothurn, Basel-Stadt & Basel-Landschaft; VBS/Generalstab, ADAB, Bern; 2001; 48 Seiten

Lüem, Walter

Grenzbrigade 4, Westlicher  Abschnitt (BL/SO);
GMS-Dokumentation; Wettingen; 2000; 57 Seiten (inkl. Östlicher Abschnitt)

Marque, Paul

La Ligne Maginot Aquatique ; Celle qui résista en 1940 dans la trouée de la Sarre ; Editions Pierron, Sarreguemines ; 1989 ; 272 Seiten

Internet

http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=3421

Sehenswert ist auch der 2 Minuten kurze Film unter www.schranken-film.de/ , wo – ganz am Anfang – Bilder einer Rollsperre zu sehen sind.

 Summary : The article describes 3 applications of heavy « roll-out » road-blocks, based on the principle of the inclined plane. The constructions at Barst in the Maginot Fortifications Line and at the “Hülftenschanz” near Basle are unique for France and Switzerland; the constructions for the GDR (East German) main road/highway border points were standard.

25. März 2011

 

Zuletzt bearbeitet: Februar 22, 2015

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